Benjamin Zumpfe im Interview: “Ich halte nichts davon, meine Seele zu verkaufen”

Ich bin Vocal Coach und wenn du wie meine Schüler bist, ist es dir wichtig Erfolgsgeschichten zu hören, denn dann weißt du: das kannst du auch! Ich habe deswegen mit Benjamin Zumpfe, Pianist der Chartstürmer Flowrag, über Songwriting, Musikbusiness, Authentizität, Weltherrschaft und seine Guilty Pleasures gesprochen.

Benjamin ist Pianist des österreichischen Acoustic-Pop-Trios Flowrag, die 2016 mit „Helden“ das erste Mal in den Ö3-Charts gelandet sind. Mit den weiteren Hits „Dann kommt die Musik“ und „Tag ein, Tag aus“ sicherten sie sich ihren Platz als Chart-Dauergäste. 2017 gab es die erste Nominierung zum Amadeus Award als Newcomer des Jahres. Der 22-Jährige ist nicht nur ein Musiker mit Leib und Seele, sondern auch ein echter Künster, der keine Kompromisse eingeht und auch angesichts des Erfolges mit beiden Beinen fest am Boden bleibt.

(c) Alexandra Schleifer

Benjamin Zumpfe (c) Alexandra Schleifer

 

F: Hallo Benjamin, danke, dass du dir für mich Zeit nimmst! Flowrag schreibt ja einen Hitsong nach dem anderen, welche Anforderungen habt ihr an eure Songs?

Benjamin Zumpfe:Hi erstmal! Also… da ist glaub ich jeder von uns ein bisschen anderer Meinung. Schnittpunkte sind wahrscheinlich Authentizität, so dass jeder von uns den Song letztendlich vertreten kann, und eine gewisse klare Direktheit.

 

F: Geht ihr beim Songwriting systematisch vor oder schreibt ihr aus dem Gefühl heraus?

Benjamin Zumpfe: Ich persönlich denke recht systematisch, gerade im kommerziellen Pop ist aber oft der erste Einfall Gold wert. In meinen Augen ist eine gewisse Ratio-Beleuchtung der Emotio-Outputs unumgänglich.

 

F: Was zeichnet deiner Meinung nach einen herausragenden Pop-Song aus?

Benjamin Zumpfe: Der Pop-Begriff definiert sich für mich sehr weit. Ein kommerziell erfolgreicher Hit ist in meinen Augen nicht unbedingt „herausragend“. Ich persönlich mag Ehrlichkeit. Unverfälschtheit lässt sich musikalisch, finde ich, gut in der Schlichtheit eines Pop-Songs verkörpern.

 

Ich persönlich mag Ehrlichkeit“.

 

F: Was würdest du sagen, sind die wichtigsten Schritte für frische Songwriter um Ihren Song ins Radio zu bringen?

Benjamin Zumpfe: Da bin ich, glaube ich, radikal. Ich finde, Songwriter sollten sich nicht primär das Ziel setzen, im Radio gespielt zu werden. Das ist eine künstlerische Frage; ich denke, ein(e) KünstlerIn sollte sein/ihr Ding frei durchziehen und sich nicht etwa von Massengeschmack abhängig machen. Wenn das authentische Resultat dann ‘zufällig’ den Massengeschmack trifft, ergibt sich Kontakt zum Radio schon von selbst. Ob das erstrebenswert ist, kann jeder für sich bestimmen.

 

F: Also was sich durchzieht, als Essenz ist, dass dir Authentizität und Vertretbarkeit das Wichtigste für eure/deine Musik ist. Das ist richtig cool, aber würdest du da Kompromisse machen, wenn du merkst, was ihr macht funktioniert nicht? Oder geht es wirklich nie um kommerziellen Erfolg oder gar von der Musik zu leben? Steht Künstlertum für dich über allem?

Benjamin Zumpfe: Also für mich persönlich ist das auf jeden Fall so. Ich halte nichts davon, seine Seele zu verkaufen. Existenzängste hab ich keine, von daher kann ich mir diesen Luxus des Künstlerdaseins, Gott sei Dank, leisten.

 

F: War es für euch Zufall, dass ihr durchgestartet seid, oder war das geplant und erarbeitet?

Benjamin Zumpfe: Bei uns hat sich das tatsächlich so ergeben, da war nichts geplant. Erarbeitet, naja, investiert haben wir schon.

 

Erarbeitet, naja, investiert haben wir schon.

 

F: Die meisten Songwriter und Bands unterschätzen den Investitionsbedarf. Meinst du damit nur finanziell, also z.B. in die Produktion eurer Songs?

Benjamin Zumpfe: Mit Investition meine ich nicht nur finanziell (Equipment, Produktionen, Reisen, Merch, Publicity,..), sondern auch (oder hauptsächlich) musikalisch (üben, studieren, schreiben, arrangieren, produzieren..).

 

F: Habt ihr einen Manager und was muss man im Business als Frischling beachten?

Benjamin Zumpfe: Wir haben ein Management, allerdings ist es nicht unser erstes. Darüber darf man jetzt nachdenken. Kleiner Hinweis: Verträge immer gründlich durchlesen und verstehen!

 

F: Ah, super Tipp! Kannst du darauf noch weiter eingehen? Was gibt es bei der Zusammenarbeit mit Management und Label zu beachten?

Benjamin Zumpfe: Meine vorhergehende Antwort war vielleicht ein bisschen zu zynisch. Die Zusammenarbeit hat einfach damals nicht funktioniert. Man sollte sich nur einfach wirklich gut überlegen, ob man das braucht, was zB. ein Management bietet oder ob man sich quasi autark durchschlagen kann. Wenn man mal vertraglich gebunden ist, ist es schwierig, ohne Anwalt etc. wieder rauszukommen.

 

F: Verstehe, die Beziehung zu einem Manager ist halt auch nur eine Beziehung und muss passen. Du hast ja inzwischen viel Erfahrung mit der Businessseite, ab welchem Punkt würdest du Künstlern überhaupt empfehlen, sich nach einem Management, Booker oder Label umzusehen?

Benjamin Zumpfe: Wie man von vielen Künstlern hört, finde auch ich, dass man so viel und lang wie möglich alles was geht selber machen kann und soll. Irgendwann kommt sowieso ein Punkt, an dem man Unterstützung braucht.

 

F: Und ist es so, dass man in Österreich „Leute kennen muss“ um eine Chance zu haben, oder kannst du mit dem Gerücht ein für alle mal aufräumen?

Benjamin Zumpfe: Networking und Connections sind natürlich wichtig, aber ich halte das tatsächlich für ein Gerücht.

Flowrag (c) Alexandra Schleifer

 

F: Ihr habt ja mit Covers auf Youtube begonnen, was sind für dich so die besten Wege an sein Publikum zu kommen?

Benjamin Zumpfe: Ja, mit unseren Covers haben wir sicher schon ein gewisses Publikum erreicht, aber im Endeffekt bleibt es oft ein Rätsel wieso dieses oder jenes so und so viel Aufmerksamkeit bekommt. Die goldene Regel ist wahrscheinlich: nie aufhören.

 

Die goldene Regel ist wahrscheinlich: nie aufhören.

 

F: Alles klar, und wie viele Songs habt ihr geschrieben, bevor ihr den ersten Hitsong hattet?

Benjamin Zumpfe: Naja, unsere erste Produktion ‘Helden’ war ein direkter Glückstreffer. Natürlich hatten wir musikalisch aber schon viel Erfahrung.

 

F: Du bist ja ein hoch studierter Musiker, studierst sogar an zwei Unis drei Fächer, wie vereinbarst du das zeitlich mit der Band?

Benjamin Zumpfe: Zeitlich ist es bei mir eh immer schwierig, ich freue mich momentan, dass ich in bürokratische Arbeit weniger involviert bin, ich kümmer mich also nur noch um den musikalischen Part.

 

F: Auch schön. Und was ist jetzt deine musikalische Leidenschaft und was deine Guilty Pleasure?

Benjamin Zumpfe: Mein Herz hängt leidenschaftlich an Klassik und zeitgenössischer Komposition, da ist eher Pop meine Guilty Pleasure xD

 

F: Was war der coolste Moment den du musikalisch erlebt hast?

Benjamin Zumpfe: Also auf die Band bezogen: Jeder Auftritt bringt schöne Momente mit sich, besonders cool sind natürlich große Bühnen (z.B. am Donauinselfest), aber auch kleine, akustische Konzerte sind fein.

Glückliche Bühnenmomente (c) Flowrag

 

F: Was ist deine/eure Zukunftsvision für die Band? Was ist der next Step?

Benjamin Zumpfe: Unser Ziel ist jetzt mal unser Album rauszubringen und mit ein bisschen Glück auch mehr nach Deutschland zu verlagern. Ja und dann ist die Weltherrschaft eh nicht mehr weit entfernt.

 

F: Gibt es irgendetwas, was du anderen Musikern und Songwritern gern als Motivation mitgeben willst?

Benjamin Zumpfe: Vernünftig, dass du Musiker und Songwriter trennst, haha. Ich werfe mal mit ‘Freude vor Vergnügen’ einen kritischen Denkanstoß in den Raum.

 

F: Okay, damit werden so manche Leute etwas zum Nachdenken haben. Vielen lieben Dank für das ehrliche Interview, lieber Benjamin und viel Erfolg auf dem Weg zur Weltherrschaft 🙂

 


Benjamin Zumpfe, geb. 1995, studiert Komposition und IGP an der Universität für Musik und darstellende Kunst (MDW) und Klavier an der Privatuniversität für Musik und Kunst (MUK) und ist mehrfacher Gewinner des Prima La Musica Wettbewerbs. Bild und Titelbild (c) Alexandra Schleifer

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